Optikindustrie in Rathenow

Mit der Gründung der „Königlich privilegierten optischen Industrie-Anstalt“ legten Johann Heinrich August Duncker und Samuel Christoph Wagener im Jahr 1801 den Grundstein für die optische Industrie in Rathenow. Duncker kannte sich nicht nur mit Mikroskopen aus, er ließ sich auch die Vielspindelschleifmaschine patentieren, mit der man elf Linsen gleichzeitig schleifen und polieren konnte. 1820 erkrankte er an einem Nervenfieber, wahrscheinlich Typhus, und lebte bis zu seinem Tod 1843 in geistiger Umnachtung in Rathenow. Nach seiner Erkrankung übernahm sein Sohn Eduard im Alter von 23 Jahren den väterlichen Betrieb. 1845 überließ er seinem Neffen Emil Busch die Führung des Unternehmens. Nach 1850 kamen weitere Firmen in Rathenow hinzu. Die Produktpalette wuchs. Es wurden Fernrohre und Feldstecher hergestellt, außerdem Brillen, Kameras und Objektive, darunter eines der ersten Weitwinkelobjektive und Objektive für Spiegelreflexkameras und die Filmprojektion. Während des Zweiten Weltkrieges wurden auch Feldkompasse für die Wehrmacht produziert.
Nach 1945 waren die wichtigsten optischen Betriebe in Rathenow fast völlig zerstört. 1948 wurden die Rathenower Optischen Werke (ROW) als Volkseigener Betrieb wiederaufgebaut; weitere kleinere Unternehmen schlossen sich zu Produktionsgenossenschaften zusammen. 1966 wurde der VEB in das Kombinat VEB Carl Zeiss Jena eingegliedert, 1989 wieder herausgelöst und im Juli 1990 in eine GmbH überführt. Bis 1989 war der VEB ROW mit etwa 4420 Mitarbeiter*innen alleiniger Hersteller von Brillen in der DDR. 1992 wurden die anderen Einzelunternehmen privatisiert.
Noch heute ist Rathenow mit 24 Unternehmen, darunter der Global Player Fielmann, und 1300 Beschäftigten das Zentrum der optischen Industrie im Land Brandenburg. An zahlreichen Orten in der Stadt – zum Beispiel am Dunckerplatz am Bahnhof, im Optik-Industrie-Museum oder im Optikpark mit dem Brachymedialfernrohr, dem Cassegrain-Teleskop, dem Leuchtturm und der Riesenbrille – kann die Geschichte hautnah erlebt werden.

Text: Jan Jendrkowiak

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