DER ABSTURZ VON OTTO LILIENTHAL

Am 9. August 1896 startet Otto Lilienthal vom Gollenberg in Stölln mit seinem Gleiter zu neuen Flugversuchen. Er ist ein erfahrener Pilot, hat bereits etwa 2000 Flüge absolviert. Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 50 km/h legt er Strecken bis 250 Meter zurück.
Doch diesmal gerät er kurz nach dem Start in eine „Sonnenbö“, einen Aufwind, der ihn in 15 Meter Höhe trägt. Der Gleiter schießt steil nach oben und bleibt dann kurz in der Luft stehen. Lilienthal versucht durch heftige Bewegungen der Beine, Gewicht nach vorn zu bringen. Verzweifelt wirft er auch den Oberkörper nach vorn. Doch seine Steuerungsmöglichkeit ist stark eingeschränkt – er stürzt fast senkrecht zu Boden. Dabei zieht er sich schwere Verletzungen unter anderem der Lendenwirbelsäule zu.
Mit einem Pferdewagen wird er nach Stölln in den Gasthof gebracht und auf einen Tisch gelegt. Von dort geht es weiter nach Rhinow, wo er seine Werkstatt hat. Ein Barbier namens Kühne wird gerufen – doch dieser kann nur noch den Tod feststellen. Lilienthal hat den Transport auf dem mit Stroh ausgelegten Wagen nicht überlebt.
Die Leiche wird am nächsten Tag mit der Eisenbahn, im Güterwagen, nach Berlin überführt. Amtlich wird sein Tod erst dann, am 10. August, in der Berliner Universitätsklinik festgestellt. Das heißt, dass er an dem Tag, der als sein Todestag gilt, schon einen Tag tot war.
So wurde es von Vorfahren, die dabei waren, erzählt, und so wird es von Generation zu Generation weitergegeben.

Text: Michael Deylitz, Foto: Otto-Lilienthal-Museum

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